Seit einem Monat bin ich nun zurück aus Südafrika und habe mich wieder relativ gut eingelebt. Am Flughafen wurde ich von meiner Familie und meinen Freunden begrüßt und eine der ersten Fragen war natürlich: Und, wie war’s in Südafrika“? Meine Antwort bleibt immer die gleiche: „ Super war’s. Ich hab’s nicht ein einziges Mal bereut weg zu gehen.“
Natürlich stimmt diese Aussage, aber dahinter steckt so viel mehr als man als Zuhörer denkt. Ich habe Sachen über mich selbst gelernt, über Menschen generell und über das Leben an sich.
Wenn du wie ich mit Kindern zusammen arbeitest, die durch ihre Flucht aus ihrem Land und ihren Erlebnissen traumatisiert sind und sich momentan in einer Lebens- und Wohnsituation befinden, die man sich nur in Alb-träumen vorstellen kann, dann aber mit einem Lächeln auf dem Gesicht zur Schule kommen, dann erkennst du, was für eine glückliche Kindheit du eigentlich hattest und was für ein gutes Leben du lebst.
Ich lernte, das Materielles nicht immer das wichtigste im Leben ist, das Menschen unglaublich stark und überlebensfähig seien können ohne es wirklich zu merken, und wie wichtig es ist ein Zuhause zu haben, zu dem du immer wieder zurückkehren kannst, mit Leuten auf die du dich verlassen kannst und die für dich da sind. Dadurch dass ich aus meinem eigenen Wohlfühlbereich heraustreten musste, aus den Denkmustern in denen ich sonst gefangen war ausgebrochen bin und mich bemüht habe die Welt aus anderen Augen als die meinen zu sehen, habe ich das Leben inzwischen etwas besser verstanden. Zumindest denke ich das gerne von mir, obwohl es natürlich noch sehr viel gibt was ich noch kein bisschen verstehe (Steuererklärungen zum Beispiel)!
Menschen wie ich, die ein Freiwilliges Soziales Jahr als Volontär im Ausland machen, kommen oft mit dem Ziel her dieses Land und überhaupt die Welt zu retten. Was natürlich kompletter Schwachsinn ist, oder um es poetischer auszudrücken „naive Träumereien“. Aber man darf seine eigenen Arbeit und Wirkung in dem Land in dem man sich befindet nicht unter-schätzen, selbst wenn es nur auf ein paar Menschen Einfluss hat. Ein Mann der mir in einem Laden in Johannesburg begegnet ist meinte zu mir, nachdem er mich aufgrund meines Akzents als Ausländer erkannt hat, dass er es sehr respektiert und zu schätzen weiß, dass Volontäre wie ich in die ganze Welt gehen. Ich fragte ihn daraufhin warum und dass es mir nicht wirklich so vorkommt als würde ich hier wichtige Arbeit machen die große Auswirkungen hat. Er erklärte mir dass er früher ein Kindersoldat war und er nur durch einen Volontär, der von der Kirche aus in seinem Dorf war und Sonntagsklassen gehalten hat, wieder auf den richtigen Weg geführt wurde. Dann grinste er mich an und meinte: „Unterschätze deine Wirkung hier nicht.“ Worüber ich bis heute noch nachdenke.
Ich habe die Welt nicht gerettet aber mir ist es gelungen Kinder die heulend zu mir gelaufen kamen zu trösten und aufzuheitern. Ich hab mit den Kindern in meinem Projekt gespielt, ihnen zugehört, wenn sie mir über ihre Probleme und Ängste berichtet haben und war ganz allgemein für sie da, wenn sie mich brauchten. Und wer weiß, vielleicht habe ich wirklich eine Veränderung in einen von ihnen bewirkt, und sei es nur dass ich sie zum Lachen gebracht habe. Ich finde das zählt schon als guter Anfang.
Natürlich füllte Three2six nicht meinen ganzen Tag aus, wenn auch einen sehr großen Teil davon. Ich lebte in einer WG mit Volontären aus der ganzen Welt zusammen. Allein durch das Arbeiten in einem Projekt der Maristen wird man Teil der Maristenfamilie und in dieser Wohngemeinschaft zu leben hat sich genauso angefühlt wie eine Familie. (Wer hätte gedacht das ich es mal erleben würde fünf große Schwestern zu haben?)
Wann immer ich Probleme hatte, konnte ich mit jemandem reden. Es war wirklich hilfreich und schön mit einer Person zu reden, die wusste wovon ich sprach da sie eventuell dasselbe oder eine ähnliche Situation erlebt hatte. Dadurch wurden hilfreiche Tipps oder tröstende/aufmunternde Worte auch wirklich hilfreich oder tröstend.
Dort zu leben hat mir auch sehr dabei geholfen zu lernen, wie man sich in einer fremden Umgebung verhält. Nämlich innehalten und beobachten, bevor man das macht, von dem man selbst denkt, dass es das Richtige sei.
„Richtig“ ist ja ein sehr dehnbarer Begriff, wie ich bemerkt habe. Nur weil es mir und meiner deutschen Denkweise richtig vorkam, hieß das noch lange nicht, dass es auch in Südafrika richtig war. Umso wichtiger war es deshalb zu beobachten und zuzuhören, um nicht jemanden aus Versehen auf die Füße zu treten. Das Zusammenleben mit zwei Deutschen, einer Brasilianerin, einer Nordamerikanerin, einer jungen Frau aus Simbabwe und einer Spanierin hat mir in dieser Hinsicht die Augen geöffnet.
Jetzt da ich wieder zurück bin, habe ich viele Ideen für die Gestaltung des maristischen Lebens in Deutschland. Ich und meine Mitfreiwilligen von CMI sind fest dazu entschlossen miteinander in Verbindung zu bleiben und uns ab und zu mit jedem der dazu kommen will zu treffen und nett zusammen zu hocken (#MarisTisch). Außerdem würden wir auch gerne vor Ort anfangen soziale Projekte zu unterstützen usw.
Ich weiß, dass nicht immer alles so läuft wie man es plant, aber da ich jetzt Teil der Maristen Familie bin will ich definitiv meinen Teil dazu beitragen, dass diese auch bestehen bleibt.
Hannah im Juli 2017