Die Zeit rennt, ich bin mittlerweile schon fast sieben Monate in Samoa und melde mich daher mit meinem zweiten Bericht, dieses Mal speziell zum Thema: „Was ist Mission heute?“
Diese Frage ist erstmal recht einfach zu beantworten. Ich bin hier, um Kinder zu unterrichten.
Es klingt eigentlich recht unwichtig, weil ich „nur“ Sport unterrichte. Jedoch ist es in Samoa üblich, dass dies einher geht mit dem Thema Gesundheit. Das ganze Fach nennt sich daher Health and Physical Education, kurz HPE. Daher wird nicht in jeder Stunde gekickt oder Rugby gespielt, wie ich es teilweise aus Deutschland gewohnt bin, sondern ab und zu auch im Klassenzimmer unterrichtet.
Gesundheit ist ein riesiges Feld. Obwohl es keinen vorgegebenen Lehrplan für Grundschulen gibt, haben wir glücklicherweise einen von der Universität bekommen (fragt mich nicht, wieso die so etwas rausgeben). Dieser umfasst einige Problematiken, auch einige, welche speziell in Samoa aktuell sind, wie beispielsweise der Zika Virus. Da dieser sexuell übertragbar ist, hatte ich schon das “Vergnügen”, meine sechsten Klassen ein wenig aufzuklären. Dies war zwar nicht ganz einfach, aber gehört eben auch dazu.
Es ist wahrlich nicht immer ein Zuckerschlecken, als Lehrer vor einer 30 bis 40köpfigen Klasse zu stehen, zumal, da ich prinzipiell kaum Samoanisch und viele von ihnen wenig Englisch sprechen. Trotzdem liebe ich meine Arbeit hier mit den Kindern. An der Grundschule in Mulivai herrschen unter den Lehrern teilweise schon familiäre Verhältnisse, jeder kümmert sich um jeden und so versuche ich auch zu helfen, wo ich kann. Die Schüler haben mich, denke ich, auch ziemlich ins Herz geschlossen, gerade weil ich eben kein typischer Lehrer, sondern im Endeffekt schon eine Vertrauensperson bin, mit der man immer über alles reden kann, von vertraulichen Dingen bis hin zu allerlei Witzen.
In Samoa gibt es mehrere Schulen, die in irgendeiner Weise von Maristen geführt werden. Die Brüder leiten hierbei zwei, zum einen das St. Joseph’s College und die Grundschule „Marist Mulivai“, wo ich mittlerweile tätig bin. Und gerade letztere hat eine historisch wichtige Bedeutung: Zum Zeitpunkt, als diese Primary School in Samoa eröffnet wurde, gab es noch keine andere Schule auf Samoa. Die Maristen waren damit die ersten auf ganz Samoa, die junge Leute lehrten, wie man liest, schreibt, rechnet und sonstige Bildung vermittelt. Dies ist noch heute den meisten Leuten auf Samoa bekannt, weshalb gerade die Brüder, aber auch generell der ganze Maristenorden ein großes Ansehen in der Bevölkerung genießt. Es geht teilweise soweit, dass (sogar überraschend viele) Lehrer Angebote von anderen Schulen, die mit bis zu dem doppeltem Gehalt oder sogar noch mehr dotiert sind, ausschlagen, nur um an einer Schuleder Brüder zu unterrichten. Das ist in meinen Augen schon etwas sehr besonderes und zeigt, auf sehr beeindruckende Weise wie viele Samoaner denken.
Trotz aller Tradition wäre es fahrlässig, nur auf den Ruf als Maristen Schule alleine zu bauen. Da in Samoa selber kaum jemand das große oder überhaupt genug Geld machen kann, zieht es viele in wirtschaftlich reichere Länder, allen voran natürlich in das nahegelegene Neuseeland und Australien.
Damit man sich als junger Schüler oder Student gut durchschlagen kann, ist Marist Mulivai eine der einzigen Grundschulen, welche Englisch schon ab der ersten Klasse unterrichtet. Und das merkt man auch. Gab es am St. Joseph’s College noch Elftklässler, die kaum ein Wort Englisch verstanden haben (was, soviel kann ich sagen, fast ausnahmslos an deren Vorbereitung in den Grundschulen lag), so kann ich mich mit meinen Achtklässlern weitestgehend problemlos auf Englisch unterhalten. Und da ich mittlerweile, abgesehen von der ersten bis zur dritten Klasse, alleine unterrichte, ist es sehr angenehm, sich mit einigen auch problemlos ohne Hände und Füße verständigen zu können.
So langsam geht es für mich in großen Schritten auf das Ende meines Freiwilligendienstes zu. Sobald ich aber zurück in Deutschland bin, melde ich mich nochmal mit einem finalen Bericht.
Jonas im Mai 2017