Grüße aus dem sonnigen Südafrika an das (im Moment) verschneite Deutschland! Seit immerhin schon 6 Monaten befinde ich mich in Johannesburg und arbeite in dem Maristen Projekt Three2six mit. Das Bild, dass ich von Südafrika vor meinem Auslandsjahr hatte und die Sicht der Dinge die mir jetzt zu eigen ist, könnten unterschiedlicher gar nicht sein.
Natürlich war mir klar, dass nicht alles nach dem Motto Regenbogen und Friede-Freude-Eierkuchen ablaufen würde. Ich wusste, dass ich mit Kindern arbeiten würde, hatte ein ungefähres Bild von meinem Arbeitsplatz im Kopf, gemixt mit allerlei Bildern von Afrika, die man immer wieder in den Medien sieht. Noch dazu die Wunschvorstellung, die perfekte Freiwillige zu sein, die schon am ersten Tag die Bühne rockt. In Sachen Wohnraum stellte ich mich mehr oder weniger auf das Schlimmste ein, weil ich nicht mehr wusste, als dass es ein Zimmer in einem Studentenwohnheim wäre.
Natürlich stellten sich die meisten meiner Erwartungen als falsch heraus.
Nicht immer ist alles Friede-Freude-Eierkuchen? -> Check. Wo Menschen sind auch Konflikte, obwohl ich bis jetzt glücklicherweise mit nichts schwerwiegenderem umgehen musste.
Das Bild von meinem Dritte-Welt Arbeitsplatz ? Ich hatte natürlich schon Bilder von meiner Vorgängerin gesehen, aber ich war mehr als überrascht als ich die Privatschule Sacred Heart das erste Mal gesehen habe. Die Schule ist richtig schön. Genauso wie die Schule die für das erste halbe Jahr mein Arbeitsplatz sein würde, das Holy Family College.
Mein Zimmer im Studentenwohnheim ? Ein relativ großes und sehr sauberes Zimmer, dass mit großen Schränken, Waschbecken und eigenen Minikühl-schrank auch nett eingerichtet ist. Gemeinschaftsküche und Bad gehören selbstredend dazu. Das einzig wirklich nervige war eindeutig das miserable Internet.
Hannah kommt an und arbeitet perfekt als neue Freiwillige? Ich habe mir natürlich Mühe gegeben, aber so einfach ist es dann doch nicht. Der erste Monat (und vielleicht auch der zweite) gestalteten sich mehr nach dem Motto: Ankommen, Einleben, Einarbeiten.
Der erste Eindruck ist ja bekanntlich immer der wichtigste. Was war also mein erster Eindruck, als ich das erste Mal den Johannesburger Flughafen verließ? Um ehrlich zu sein war ich erst einmal etwas überfordert. Am Flughafen warteten mehr Menschen auf uns als erwartet. Begrüßt haben uns Colin, der Schulleiter und Kopf von Three2six und auch noch gleichzeitig mein Ansprechpartner für alles, seine Frau Linn, Bec, die (unter anderem) Projektleiterin des Three2six Projektes von Holy Family, Linn die “alte” Volontärin von Kindermission und Beatrice, meine neue Mitvolontärin, auch gesandt von Kindermission.
Alle begrüßten Lea, Mona und mich sehr herzlich. Die Stadt selber hatte dagegen mehr Mühe ihre guten Seiten zu zeigen. Durch all die Warnungen von Zuhause und auch von Menschen hier kam mir die Stadt in den ersten Monaten eher bedrohlich als einladend vor. Müll, schlechte Luft, die Angst alleine nach draußen zu gehen…. aber man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles. Und auch wenn es vielleicht seine Zeit braucht, es gibt auch gute Seiten an Johannesburg. Diese wurden uns unter anderem auch von den Studenten in unserem Wohnheim näher gebracht. Die Küche im zweiten Stock dient uns sozusagen als Treffpunkt, wo man immer Leute findet mit denen man ins Gespräch kommen kann.
Was schon einen Punkt meiner Freizeitaktivitäten anspricht, so banal sie auch klingen mag – kochen. Mehr konnte ich in den ersten Monaten nach einem Arbeitstag, meistens absolut fertig und müde, auch nicht mehr wirklich machen. Plötzlich fühlt man sich nicht mehr 18 Jahre jung, sondern 18 Jahre alt. (Und es hilft auch nicht, dass Schüler, die gerade einmal ein Jahr jünger sind als ich mich „Mam“ nennen.)
Die Arbeit selbst beginnt um 10:00 und endet wenn die Kinder weg sind, was ca. um 18:30 der Fall ist.
Ich wurde für das erste halbe Jahr, anders als erwartet nicht im Sacred Heart College eingesetzt, sondern im Holy Family College. Das sind zwar zwei verschiedene Schulen, beide stellen aber nachmittags Klassenräume für das Three2Six Projekt bereit. Zusammen mit Bec, der
Koordinatorin des Projekts in Holy Family und den Lehrern Justine (1.Klasse) und Nancy (Vorschul-klasse) meistern wir die täglichen Aufgaben.
Da das Projekt an der Schule noch relativ neu ist, haben wir im Moment nur zwei Klassen und ab diesen Jahr dann drei. Von 10:00-12:30 wird alles gemacht was im Büro so ansteht, wie Elternbriefe schreiben, anstehende Events planen oder organisieren und so weiter. Jeder Tag ist anders. Um 12:30 fahren die Busse los um die Kleinen abzuholen. Der Nachmittag ist dann aufgeteilt in Aktivitäten (entweder Spiele die vom Lehrer geleitet werden, oder freies Spiel auf dem Spiel-platz, damit die Kinder etwas Energie loswerden können) und 3 Stunden Unterricht mit einer hal-ben Stunde Pause für Essen. (Denn hungrig kannst du dich nicht richtig konzentrieren.)
Ich bin Vormittags komplett im Büro tätig, fahre in einem der Busse mit um die Kinder abzuholen und beaufsichtige entweder das Spielen auf dem Spielplatz oder helfe dem Lehrer. Selbst unterrichte ich nicht, springe aber oft zwischen den Klassen hin und her um bei Aktivitäten zu helfen oder kopierte Arbeitsblätter zu bringen.
Eine Aktivität die mir von Anfang an gut gefallen hat, war die Büchereileitung. Unsere Bücherei umfasst zwar nur eine große Kiste, aber die Kinder freuen sich dafür umso mehr sich ein Buch aussuchen zu dürfen. Ich sehe es als meinen ganz persönlichen kleinen Triumph, wenn manche mehrmals die Woche zurückkommen um ihr Buch zu wechseln.
Auch die Spiele mit den Kindern machen sehr viel Spaß. Obwohl sie aus schwierigen Umständen kommen und als Flüchtlinge teilweise schreck-liches Erleben mussten, kommen sie lachend in die Schule und freuen sich unglaublich über die kleinsten Dinge.
Im Januar wechsel ich dann zu Sacred Heart. Statt 50 kleinen Kindern werde ich dann zusammen mit Beatrice 150 Kinder zwischen 6 und 14 Jahre betreuen.
Es ist unglaublich wie schnell die erste Hälfte vergangen ist, aber ich sehe positiv auf die zweite! Ich habe schon so viel vom Land gesehen und neue Freunde sowie Erfahrungen gemacht und vor allem eines gelernt: Selbst wenn nicht immer alles einfach ist, dran bleiben und weiter machen!
Hannah im Januar 2017