Letztes Jahr habe ich von Cmi Deutschland die Möglichkeit bekommen, für neun Monate einen Freiwilligendienst in Bolivien zu verrichten. Ich durfte Teil der Gemeinschaft der Maristen von San Jose de Chiquitos in der Provinz Maria de los Andes werden.
Mein Projekt bestand aus einem Kindergarten, einer Grund-, Mittel- und Technikschule. Die Kinder und Jugendlichen mit denen ich arbeitete waren zwischen vier und 19 Jahre alt. Normalerweise unterstützte ich die Lehrer bei ihrem Unterricht, engagierte mich im Jugendpastoral und half in der Tutoria. Die Tutoria ist eine Einrichtung innerhalb der Schule. In der Grundschule bietet sie hauptsächlich Unterstützung für Kinder mit Lernschwächen, in der weiterführenden Schule hingegen ist sie eher auf die persönlichen Probleme der Schüler ausgerichtet. Natürlich bin ich nicht ausgebildet und kann somit nicht dieselbe Unterstützung bieten, wie eine Lehrerin oder Psychologin. Jedoch konnte ich den Kindern umso mehr Aufmerksamkeit und Zuneigung schenken, an der es bei vielen Zuhause fehlt. Außerdem ist es einigen Jugendlichen leichter gefallen, sich jemandem zu öffnen, der mehr oder weniger dasselbe Alter wie sie selbst hat und oftmals ist schon viel getan, wenn man einfach nur zuhört.
Ich lebte im Haus der Maristenbrüder von San Jose de Chiquitos, allerdings ist das eine Kommunität, die nur aus Laien besteht. Schon seit Jahren gibt es keine Brüder mehr in dem Dorf. Ich wohnte zusammen mit einem Ehepaar, die beide Lehrer sind, ihrer Nichte, die noch zur Schule geht und zwei weiteren Freiwilligen aus Spanien. Tagsüber ging jeder seinen Tätigkeiten in der Schule nach, doch am Abend versammelten wir uns stets zum Gebet oder zu einer Reflexion des Tages und anschließend zum gemeinsamen Abendbrot. An den Wochenenden hatten wir mehr Zeit füreinander und so grillten wir häufig oder unternahmen gemeinsam andere Aktivitäten. Jedoch geht es nicht immer so harmonisch in einer Kommunität zu. Es kann eine Weile dauern bis sich die verschiedenen Persönlichkeiten aneinander gewöhnt haben. Vor allem wenn die Mitbewohner aus unterschiedlichen Ländern kommen, entstehen leicht Missverständnisse. Normalerweise lassen sich diese jedoch einfach aus der Welt schaffen, indem man das Gespräch sucht.
Ohne Zweifel war der Freiwilligendienst eine großartige Erfahrung und Chance für mich. Schon seit Jahren interessierte ich mich für interkulturelle Kommunikation und so bin ich sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich in einer internationalen Kommunität machen durfte.
Obwohl es am Anfang nicht immer leicht war die Sprache zu lernen, sich im neuen Zuhause einzugewöhnen und neue Freundschaften aufzubauen, würde ich diese Zeit niemals missen wollen. In diesem Jahr wurde mir auch ganz besonders der Luxus und die Privilegien bewusst, die ich in Deutschland genieße. Ab Oktober werde ich anfangen zu studieren und mir stehen dazu so viele verschiedene Möglichkeiten offen. Im Gegensatz dazu mussten einige meiner bolivianischen Freunde ihr Studium aus finanziellen Gründen bereits abbrechen.
Nachdem mein Freiwilligendienst nun vorbei ist, möchte ich mich weiterhin als Laienmarist engagieren. Während des Rückkehrerseminars haben wir bereits über Möglichkeiten gesprochen, wie wir uns weiterhin einbringen können. Letztes Jahr wurde zum ersten Mal ein Ferienlager für Maristenschüler aus Kenia veranstaltet und wir hoffen dieses Projekt weiterführen zu können. Denn viele dieser Kinder sind Waisen und ohne das Ferienlager wäre ungewiss, wo sie während der Ferien untergebracht werden könnten. 2018 wird deswegen wieder eine Gruppe an Freiwilligen, begleitet durch den Frater Michael, nach Orore, in Kenia fliegen und ich hoffe eine von ihnen sein zu können.
Da ich sechs Wochen in einem Ferienlager in Bolivien mitgeholfen habe, bin ich begeistert von diesem Plan und habe bereits viele Ideen, wie wir das Camp umsetzen können. Jedoch wollen wir nicht nur in Afrika unterstützen, sondern auch in unserer eigenen Provinz. Uns ist aufgefallen, dass sich die Schüler aus den unterschiedlichen Maristenkollegs in Deustchland untereinander nicht kennen und dass es nie Veranstaltungen zusammen mit den anderen Schulen gibt. Das wollen wir ändern und so haben wir das erste Camp in Deutschland für den Sommer 2019 angedacht. Außerdem bin ich sicher, dass bei den regelmäßigen Treffen der Maristen aus Mindelheim noch mehr tolle Ideen aufkommen werden wie wir das maristische Leben weiter gestalten können.
Leonie im September 2017