Ich lebe jetzt bereits seit über zwei Monaten in Bolivien und habe in dieser Zeit schon viele positive Erfahrungen gemacht: zum einen durch die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen, die wunderschöne Natur, aber auch durch verschiedene Herausforderungen, die ich bewältigt habe.
Ich lebe in der Kommunität der Maristen in San José de Chiquitos zusammen mit meinen Gasteltern Eloisa und Andres, sowie deren Nichte Andrea. Bis Ende November wohnen zudem noch die Spanier José und Eli, die ebenfalls einen Freiwilligendient leisten, mit uns zusammen. Da es in San José keine Maristenbrüder gibt, leiten meine Gasteltern als Laienmaristen die Kommunität. Häufig sind aber auch weitere Maristen aus anderen Maristenstandorten zu Gast.
Vor meiner Ankunft in Bolivien war ich gespannt wie gut ich mich in der Kommunität, der neuen Umgebung und meiner Arbeit zurechtfinden würde. Mein wichtigster Wunsch war es, dass ich schnell und offen aufgenommen werde. Meine Erwartungen waren sehr niedrig, da Bolivien eines der ärmsten Länder Südamerikas ist. Dass es in San José sehr oft sehr heiß ist, wusste ich von Leonie (Volontärin aus dem Vorjahr), doch über meinen genauen Aufgabenbereich wusste ich nur grob Bescheid. Besonders groß war meine Motivation beim Spanisch lernen, da mir klar war, dass es noch ausbaufähig ist und in San José nicht einmal der Englischlehrer der Secondaria gut Englisch sprechen kann.
Nach einem herzlichen Empfang am Flughafen und den ersten Begegnungen in San José war mir sofort klar, dass ich mich hier schnell zurechtfinden werde. Auch die Stadt überraschte mich, da es dort relativ viele gute Teerstraßen gibt und auch die ersten Supermärkte, die ich dort sah, erinnerten mich stark an amerikanische Walmarts. Auch die technische Ausstattung ist mit Deutschland vergleichbar und sowohl WhatsApp als auch Facebook gehören hier absolut zur Standardausstattung; zumindest für die, die es sich leisten können. Die arme Bevölkerung wohnt hingegen in Lehmhütten oder unter einer Plane, die an Pfählen befestigt ist. Diese schützt zumindest ein bisschen vor dem Regen, der hier sehr platzartig auftritt. So wird der Pfad vor unserem Haus, der bei gutem Wetter ohne Probleme als Straße genutzt werden kann, bei Regen zu einem Schlammloch. Wenn man nicht aufpasst, kann es da schon mal passieren, dass man knöcheltief einsinkt.
Vormittags arbeite ich im Maristenkindergarten, der aber nicht mit einem Kindergarten in Deutschland verglichen werden kann. Die Kinder sind in Klassen unterteilt und lernen dort bereits lesen, schreiben und rechnen. Ich unterstütze die Klassenlehrerinnen bei allen möglichen Arbeiten und regelmäßig muss ich eine Klasse alleine übernehmen, da eine Lehrerin überhaupt nicht zur Schule kommt oder während des Unterrichts andere Dinge erledigt. So wird mir dort nie langweilig und trotz der damit verbundenen Anstrengung, macht es sehr viel Spaß mit den Kindern zu arbeiten. Zwei Nachmittage unter der Woche verbringe ich in einer Schnitzerei, zwei in einer Schreinerei und einen Nachmittag im Behindertenzentrum von San José. Die Schnitzerei und Schreinerei sind ein Teil der Maristenschule und die Schüler können dort, freier als beim Werkunterricht in Deutschland, verschiedene Werkstücke herstellen; unter der Voraussetzung der Lehrer kommt. Ich bin dabei nicht in der Funktion als Lehrer, sondern arbeite dort wie jeder andere Schüler. Dabei kann ich nebenbei mit den anderen reden und auch die vielen Fragen von ihnen über Gott und die Welt beantworten.
Im Behindertenzentrum gibt es zwei Bereiche: zum einen wird ihnen in kleinen Gruppen schreiben, sprechen oder sonstiges, abhängig von der jeweiligen Behinderung, beigebracht. Dabei wird mit viel Musik, Bewegung und Piktogrammen gearbeitet, um die Schüler bestmöglich zu unterstützen und ihr Interesse aufrecht zu halten. Dabei kann ich vielseitig helfen: zum einen kann ich mit den Schülern selbst arbeiten, aber auch den Lehrern bei Vorbereitungen für die nächsten Tage helfen.
Der andere Bereich des Zentrums besteht aus einer Schreinerei und einem Hartplatz, wo sich die Schüler verausgaben können.
Samstags bin ich, zusammen mit anderen Jugendlichen und Erwachsenen ab 16, in der pastoralen Arbeit tätig. Dabei treffen sich Jugendliche, die nach Alter aufgeteilt, für ein bis zwei Stunden, Spiele spielen, tanzen oder Informationen über bestimmte Themen, wie zum Beispiel Marcellin Champagnat, erhalten. Das dient zum einen dazu die Gemeinschaft der Jugendlichen untereinander zu stärken, aber auch zur Prävention vor Drogen- oder Alkoholmissbrauch. Dazu veranstalten wir auch regelmäßig ganze Samstage, die noch intensiver bestimmte Themen behandeln.
Wenn ich nicht wegen meines Visums in Santa Cruz bin, verbringe ich die Wochenenden mit Freunden auf dem Marktplatz, auf einem der Hänge, von denen man eine fantastische Aussicht über San José und die umliegende Savannen-/Dschungellandschaft hat. Auch finden fast wöchentlich Stadtfeste oder Umzüge statt, die meistens sehr sehenswert sind.
Ab Ende November beginnen die Schulferien und damit auch die Sommercamps. Ich werde Kinder bei Sommercamps in Comarapa betreuen und im Januar die restliche Ferienzeit nutzen, um Bolivien noch ein bisschen zu erkunden. Aber dazu mehr im nächsten Bericht…
Simon im Oktober 2017