Meine Erwartung zu Beginn der Reise war sehr gering. Zu weit weg und unbekannt war die Insel Samoa. So war die einzige konkrete Erwartung, dass ein ziemlich langer Flug bevorsteht. Des Weiteren hatte ich von ehemaligen Volontären erfahren, dass die Samoaner sehr entspannt sind und „gerne mal ein Bier trinken“. Nach über 24 Stunden Reise zu meinem ersten Ziel, Auckland, hatte sich meine erste Erwartung auch schon bestätigt. Nach Auckland wurde ich von Fr. Kevin eingeladen, um mich zu „akklimatisieren“ und um die Brüder in Neuseeland kennen zu lernen. Vor Ort hatte Kevin ein straffes Programm für mich organisiert. Inklusive Besuches der Kommunitäten in Kaikohe und Christchurch.
Nach zwei Wochen Aufenthalt in Neuseeland ging es nun endlich weiter nach Samoa. Nach nochmals vier Stunden Flug sank das Flugzeug durch die Wolken und ich konnte den ersten Blick auf die wunderschöne Insel Samoa werfen. Den allerersten Eindruck stellte unweigerlich das komplett ungewohnte Klima dar. 60-80% Luftfeuchtigkeit und konstant 30°C. Vor dem Flughafen wurde ich dann von Fr. Siaosi empfangen. Der Weg vom Flughafen ist ca. 40 km lang und die gesamte Strecke ist komplett von Häusern gesäumt. Hierbei fallen sofort die traditionellen samoanischen Häuser, die fale auf. Diese offenen Häuser stellen die Mittelpunkte der samoanischen Familien und Dörfer dar. Auch Fallen sofort die unzähligen und riesigen Kirchen ins Auge. Hinter den Häusern und Kirchen an der Straße erstreckt sich direkt der unberührte Dschungel, der die ganze Insel bedeckt. Ich selbst wohne bei den Brüdern der Kommunität in Mulivai. Das Haus der Brüder befindet sich auf dem Gelände der Grundschule und ist mitten im Herzen von Apia, der Hauptstadt von Samoa. Zwar ist es kein fale, aber trotzdem typisch samoanisch aufgebaut. Jedes Zimmer ist sehr klein und spartanisch ausgestattet. Dafür gibt es ein riesiges, sehr offenes Wohnzimmer in dem sich praktisch das gesamte Zusammenleben abspielt. Des Weiteren gibt es neben dem Waschraum und den Sanitäranlagen noch eine kleine Kapelle im Haus.
Nach meiner Ankunft am Donnerstagabend ging’s am nächsten Tag auch gleich in die Schule. In der Grundschule in Mulivai werden die Klassen eins bis acht unterrichtet. Dort wurde ich von Tusipepa, einer der Mathelehrerinnen, empfangen und bekam auch direkt eine Schulführung inklusive Vorstellung des gesamten Schulpersonals. Nachdem das Schulprogramm der Grundschule für Freitag ab der Pause um 10:30 Uhr nur noch Sport vorsieht, ging es danach aktiv weiter. Die Ausdauer und Energie der Kinder ist vor allem für diese Hitze unglaublich. Sobald das Sportprogramm losgeht ziehen sich die Kinder um, schnappen sich einen Rugbyball und stürmen das Feld.
Nach Schulende um 13:30 Uhr werden alle Kinder zügig von ihren Eltern abgeholt oder Fahren mit einem der vielen typisch samoanischen Busse nach Hause. Am darauffolgenden Montag ging’s dann richtig los. Ich wurde Lui vorgestellt mit dem ich fortan zusammenarbeiten sollte. Lui ist der verantwortliche Lehrer für alles Naturwissenschaftliche und den Sport für die Jahrgangsstufen sechs bis acht. Meine Aufgabe ist es Lui beim Unterrichten zu unterstützen und praktische Anwendungsmöglichkeiten für das „Labor“ der Schule für den Unterricht zu finden. So konnten wir direkt das Studium der Fossilien mit einer praktischen „Ausgrabung“ unterstützen. Da das samoanische Schuljahr Ende November endet, gab es auch einige außerordentliche Aktionen. So wurde im Rahmen eines Projektes der Klassen sieben und acht ein Gemüsegarten angelegt. Außerdem gab es Anfang Oktober ein großes Leichtathletikturnier und ich konnte beim Training der Schüler mithelfen. Weiterhin stellt Musik und Gesang für die Samoaner eine ganz wichtige Rolle dar. So gibt es regelmäßig Gesangstraining für die Kinder. Nach knapp einem Monat in dem ich die ganze Woche in der Grundschule in Mulivai war, hat mich Fr. Chris mit ins „College“ nach St. Joseph genommen. Hier bekam ich eine kleine Gruppe von Schülern der Jahrgangsstufe zur Mathenachhilfe. Insgesamt bin ich jedoch viel am Zuschauen und Beobachten. Hierbei kam ich auch schon in den Genuss des „Culture Days“ des St. Josephs College bei dem eine traditionelle „Ava Zeremonie“ sowie die traditionelle samoanische Küche vorgestellt wurde.
Die Kommunität in der ich wohne besteht aus drei Fratres, die hier dauerhaft Leben. Fr. Siaosi, Fr. Taiga und Fr. Chris. Fr. Chris ist der Kopf der Kommunität. Des Weiteren sind in Mulivai häufiger Gäste aus der ganzen Welt zugegen. Der Tagesablauf ist sehr frei gestaltet. So kann jeder den Tag, außerhalb der Arbeitszeiten, selbstständig gestalten. Unter der Woche findet um 18:30 Uhr ein gemeinsames Abendgebet und anschließend ein gemeinsames Abendessen statt. Jeden Sonntag steht am Vormittag die Kirche auf dem Programm und anschließend wird sich mit der anderen Kommunität in Apia getroffen und ein gemeinsames Mittagessen abgehalten. In der anderen Kommunität wohnen Fr. Bernhard, Fr. Julio und Fr. Afaese. In meiner Freizeit lese ich primär sehr viel, außerdem versuche ich regelmäßig Ausflüge über die Insel zu unternehmen. Des Weiteren schließe ich mich hin und wieder den Fußballern vor dem Haus an. Jeden Montag ist es außerdem an mir das Essen für unsere Kommunität zu kochen. Freitags nach der Schule sitze ich häufiger mit ein paar anderen Lehrern an der Schule zusammen. Außerdem gab es in meiner Zeit hier in Apia eine Vielzahl an kleineren und größeren „Festchen“. Zurzeit wird Samoa jedoch von einer Masernepidemie heimgesucht. Aus diesem Grund mussten sämtliche Schulen vorzeitig schließen und Versammlungen bei denen Kinder anwesend sind, sind derzeit verboten. Aus diesem Grund beschränken sich meine derzeitigen Aufgaben auf die Vorbereitung des nächsten Schuljahres sowie Kleinigkeiten die in der Kommunität, wie der wöchentliche Einkauf, anfallen.
Am meisten Spaß machen mir die praktischen sowie sportlichen Aktivitäten mit den Kindern in Mulivai. Auch die Mathenachhilfe mit einer kleineren Gruppe in St. Joseph klappt super. Jeder Ausflug um die Insel ist ein absolutes Highlight. Meine bisherige größte Herausforderung ist, Dinge die ich anders machen würde nicht direkt von Anfang an als falsch zu verurteilen. Viele Dinge werden anders und aus meiner Sicht sehr fragwürdig angegangen. Dies als solches zu akzeptieren fällt mir sehr oft sehr schwer.
Simon im November 2019