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San José de Chiquitos

Erster Bericht aus Johannesburg

Nach circa drei Monaten ist es Zeit für meinen ersten Bericht aus Johannesburg. Am 5. August bin ich mit so gut wie keinen Erwartungen in das Flugzeug gestiegen, weil der Abschied von Freunden und der Familie sehr emotional und viel zu schnell verging. Ich habe nur gehofft, dass ich heil in Johannesburg ankommen und in eine nette, aufgeschlossene Wohngemeinschaft ziehe. Ich konnte gar nicht realisieren, dass ich nach zehn Stunden Flug am anderen Ende der Welt, in Südafrika, bin. Auf dem Weg vom Flughafen zu meinem neuen Zuhause für die nächsten zehn Monate, sammelte ich bereits erste Eindrücke der riesigen Stadt, mit einer atemberaubenden Skyline und doch moderneren Gebäuden als erwartet. Auffallend ist aber, dass jedes Haus riesige Mauern und Sicherheitsvorkehrungen vor dem Grundstück hat, zumindest in den teuren Wohngebieten. Schockierend ist aber, dass direkt nebenan ein armes und heruntergekommenes Wohngebiet ist. Hier wird einem der Unterschied zwischen Arm und Reich direkt vor Augen geführt, was am Anfang eine sehr große Herausforderung für mich war. In der Wohngemeinschaft angekommen, die, wie erwartet, super aufgeschlossen und nett ist, habe ich alle Mitbewohner kennengelernt, die aus unterschiedlichsten Ländern der Welt kommen. Neben zwei Deutschen, wohnen in meiner WG drei Australier, eine Brasilianerin und eine aus Zimbabwe. Unsere Wohnung ist in einem Schulgebäude mit Securityguide rund um die Uhr, sodass ich mich sehr sicher daheim fühle. Der Verkehr hier ist super chaotisch und die Ampeln sind teilweise überflüssig, da die Verkehrsteilnehmer ihre eigenen Regeln aufstellen, vor allem die Taxis. Der Linksverkehr ist in dem Fall ein kleineres Problem. Nun zu meiner Arbeit in dem „three2six“ Projekt. Da die ersten zwei Wochen am Sacred Heart College Ferien waren, durfte ich die Kinder in dem einwöchigen Ferienprogramm kennenlernen. Anschließend ist die ganze Wohngemeinschaft für ein Wochenende nach St. Lucia gefahren, um uns besser kennenzulernen.

In St. Lucia habe ich vor allem das Meer und die gesamte Natur genossen. Es ist faszinierend, dass man nach acht Stunden Autofahrt  ein komplett anderes Klima, teilweise sehr tropisch, und somit eine komplett andere Pflanzen- und Tierwelt sieht. Die Affen und bunten Vögel auf der Straße, die frei lebenden Hippos und Krokodile im Fluss sind eine komplett andere Erfahrung, als die Tiere im Zoo zu sehen.

Nach den Ferien hat die Schule begonnen und die Kinder haben sich so gefreut mich wieder zu sehen und ich natürlich auch. Mein regulärer Arbeitstag beginnt um zehn Uhr in der Früh. Anschließend habe ich eine Stunde Zeit mit den Kindern zu spielen, was jeden Tag mehr Spaß macht. Wenn die Kinder im Unterricht sind, bin ich meistens damit beschäftigt Kinder zu verarzten, oder einfach nur für die Kinder da sein, wenn sie jemandenzum Reden brauchen. Um 18 Uhr sind die Kinder fertig mit dem Unterricht und fahren mit dem Bus wieder heim. Manchmal fahre ich mit dem Bus mit und sehe eine komplett andere Seite von der riesigen Stadt Johannesburg. Die modernen Gebäude werden weniger und man sieht nur noch alte, zerstörte Häuser ohne Fenster und teilweise ohne Elektrizität. Die Straßen werden brüchiger und viele Leute sitzen am Straßenrand und haben keine Arbeit. In solchen Situationen merke ich, dass ich genau an der richtigen Stelle Volontärin bin, um in der Schule für die Kinder da zu sein, damit sie für einen kleinen Moment diese Armut vergessen.

Mein wichtigstes Ziel des Tages ist, dass die Kinder mit einem Lächeln in die Schule kommen und auch wieder mit einem Lächeln nach Hause gehen. Meine Mentorin Esther ist eine liebevolle und beeindruckende Frau, die immer da ist, wenn man Hilfe braucht und das ganze Projekt aufrechterhält. Mit den anderen Volontären, zwei Australier und einer Deutschen, mit denen ich auch Lebe, arbeite ich eng zusammen und wir helfen uns immer gegenseitig. Jeden Mittwoch habe ich jetzt auch die Möglichkeit mit den Klassen 4 bis 6 in die Bücherei zu gehen, in der die Kinder die Möglichkeit haben Bücher für eine Woche mit nach Hause zu nehmen und zu lesen.

Ich liebe die Idee und bin dankbar, dass ich die Chance habe mit den Kindern zu lesen und ihnen die Gelegenheit zu geben ihr Lesen zu verbessern und ihnen einen Zugang zu Büchern zu ermöglichen, was leider nicht selbstverständlich ist. Ich genieße hier jeden Tag mehr und mehr und die Kinder wachsen mir immer stärker ans Herz, auch wenn ich noch nicht alle Namen der 150 Kinder kenne, was sich aber in den nächsten Wochen definitiv ändern wird.

Damit ich Johannesburg und die Südafrikanische Kultur intensiver kennenlerne, lebe ich in einer Gastfamilie. Die zwei Töchter sind auf dem Sacred Heart College und die gesamte Familie ist super aufgeschlossen und nimmt mich auf jedes kulturelle Fest mit. Das ist super interessant, da meine Gastfamilie indisch ist und ich somit einen Einblick in die indische Essens- und Lebenskultur bekomme. Vielleicht klingt es etwas merkwürdig, wenn ich eine indische Gastfamilie habe um die südafrikanische Kultur kennenzulernen, aber ich denke andere Kulturen sind definitiv ein großer Teil der südafrikanischen Kultur. Hier leben so viele Kulturen dicht beieinander, sodass das Wort „Regenbogennation“ dieses Land sehr gut beschreibt. Ich bin fasziniert von der Vielfalt und gespannt was die nächsten Monate in dieser beeindruckenden und wundervollen Stadt passiert.

Sophia im Oktober 2017