3 Monate bin ich nun schon im Marist Centre for Migrants in Samut Sakhon und ich würde die Stelle um nichts in der Welt tauschen. Ich bin fasziniert von demLand Thailand in dem ich lebe, von der myanmarischen Kultur die mich jeden Tag umgibt und von der Arbeit in der Schule. Ich denke das mein Projekt auf Grund der vielen Arbeitsstunden und der großen Verantwortung und Anforderungen nicht das einfachste ist, ich mache jedoch gleichzeitig unfassbar tolle Erfahrungen, die ich nie vergessen werde. Ich bin bewusst ohne große Erwartungen nach Thailand geflogen. Zum Einen, da ich der erste CMI-Voluntär hier bin und zum Anderen, da ich die Dinge generell lieber auf mich zukommen lasse. Noch in Deutschland hatte ich Facebook- und Email-Kontakt mit den freundlichen Maristen vor Ort, die mich bereits erwarteten. Der Abschied in Deutschland fiel mir deshalb nicht schwer und ich stieg mit großer Vorfreude ins Flugzeug.
Die ersten zwei Tage verbrachte ich im Provinzialhaus in Bangkok mit den ortsansässigen Maristenbrüdern und der Laienmaristin Neiva. Bangkok kannte ich aus meinen vorherigen Thailandurlauben schon, richtig interessant wurde es also bei der Ankunft in der Industrieprovinz Samut Sakhon, in die sich nie ein Tourist verirrt. Die Gegend ist weder städtisch noch ländlich geprägt, da Fabriken und Arbeiterviertel das Bild prägen. Die Fischindustrie zieht hier überwiegend myanmarische Arbeitsmigranten an, die in überfüllten und heruntergekommenen Siedlungen wohnen. Ihre Kinder werden nicht in das thailändische Schulsystem aufgenommen und oft so schnell wie möglich zur Arbeit geschickt. Um ihnen eine kostenlose Bildungsmöglichkeit zu bieten und Kinderarbeit zu verhindern gibt es den Marist Centre for Migrants in Samut Sakhon.
An meinem ersten Tag kam ich direkt in der Schule an und wurde wahnsinnig herzlich und freudig von denSchülern empfangen. Die myanmarischen Kinder von 4-15 Jahren verbringen hier den Tag von halb 8 bis halb 16 Uhr. Die Jüngeren sprechen kein Englisch, die sprachliche Barriere kann ich jedoch mit Spielen gut überwinden. Vor allem mit den älteren Schüler habe ich ein sehr gutes Verhältnis, mit ihnen kann ich auch einfach englische Konversationen führen. Die Kinder sind sehr fröhlich und finden in der Schule einen wichtigen Ausgleich zu ihrem beengendem Zuhause. Unsere kleine Maristenkommunität befindet sich in einer der oben beschriebenen großen Arbeitersiedlungen. Der malayische Bruder Andrew und sein spanischer Mitbruder Andres nutzen zusammen mit ihrem Volontär ein Apartment als Küche und jeder bewohnt zusätzlich sein eigenes Apartment mit zwei Zimmern und Bad.
Die Siedlung mag Anfangs etwas abschreckend wirken und an eine Kaserne erinnern, sie bietet jedoch auch ihre Vorzüge. Ich habe mein eigenes Appartment, einen Supermarkt und einen typisch thailändischen Markt direkt vor der Tür. Abends ist es allerdings nicht ratsam rauszugehen und es ist leider auch kaum möglich mit den myanmarischen Nachbarn zu kommunizieren. Die Freizeitgestaltung ist daher gar nicht so einfach, auch Englisch sprechende Freunde sind schwer zu finden. Ich mache viele kleinere Reisen und werde relativ häufig von Freunden und Verwandten aus Deutschland besucht, was sehr schön ist.
Mein Mentor Br. Andrew war von Anfang an sehr bemüht und hilft sofort wenn ein Problem auftauchen sollte. Trotzdem sind die kulturellen Unterschiede, die uns trennen manchmal spürbar. In unserer Kommunität essen wir zusammen Abend und beenden den Tag meist mit einem gemeinsamen Gebet. Br. Andres ist in seiner sehr entspannten und fröhlichen Art ein weiteres Mitglied unserer Gemeinschaft, mit dem ich mich auf Anhieb super verstanden habe. Er befindet sich momentan auf einem unerwartet langen Heimatbesuch für mehrere Monate in Spanien und wird wohl erst Ende Januar zurückkehren.
Nachdem ich zunächst einen Monat Zeit hatte meiner brasilianischen Mitvoluntärin Flavia in der Schule zu folgen und die Abläufe kennenzulernen, wurde ich nach ihrem und Br. Andres’ Abflug sofort in einen straffen Berufsalltag geworfen. Vormittags unterrichte ich die drei höheren Klassen in Englisch, nachmittags betreue ich die Kleinen beim Mittagsschlaf und unterrichte Kunst. Freitags bringe ich außerdem vier Schülern Gitarre bei. Auch wenn der Englischunterricht anstrengend und fordernd ist, macht er mir sehr großen Spaß. Ich bin stolz besonders bei den Ältesten entscheidende Fortschritte zu beobachten und freue mich wenn die Kinder Spaß am Unterricht haben. Es ist jeden Tag eine Herausforderung die Schüler ruhig zu halten und mit der jüngeren Klasse habe ich manchmal Verständigungsprobleme. Sie klagen mich auf Grund ihrer fehlenden Englischkenntnisse nicht zu verstehen.
Je mehr Thai ich lerne, desto einfacher gestaltet sich deshalb auch der Unterricht mit diesen Schülern. Ich möchte daher weiter an meinen noch geringen Thai Kenntnissen arbeiten. Es handelt sich hier um eine Ausnahmesituation die ich jedoch gerne annehme.Ich finde es wichtig als Volutär nicht nur Lehrer, sondern auch Freund der Schüler zu sein und bin deshalb sehr froh ein so gutes Verhältnis zu ihnen zu haben. Insgesamt bin ich mit dem Unterricht sehr zufrieden, die Schüler arbeiten gut mit, respektieren mich und auch außerhalb des Unterrichts habe ich zu vielen ein sehr enges Verhältnis.
Mein Stundenplan wird nach Br. Andres’ Rückkehr erneut angepasst. Die Fächer werden jedoch größtenteils bestehen bleiben und ich werde mehr in Unterrichtsassistenz eingesetzt, was sicher eine Entlastung darstellen wird. Ein wichtiger Teil des Schulalltags sind die Familienbesuche, welche zwei Mal wöchentlich vom Lehrerkollegium unternommen werden. Nach der Schule besuchen wir die Kinder in ihrem Zuhause, sprechen mit den Eltern und legen ihnen die Tests der Kinder vor. Die Schüler leben auf engstem Raum mit ihrer Familie und viele Menschen müssen sich ein kleines Zimmer zum wohnen und schlafen teilen. Oft riecht es streng, es gibt Ungeziefer und die Räume sind beengend. Es war v.a. anfangs schwer meine Schüler in diesem Umfeld zu sehen. Ich fühle mich jedoch selten unwohl, da die Familien sehr gastfreundlich sind und ihren Wohnraum sauber halten. Jeder Besuch ist eine besondere Erfahrung die ich sehr schätze, da man einen einzigartigen Einblickin die myanmarische Kultur erhält (Bild 3). Die Wohnsituation und das typisch thailändische Essen dass es Mittags und Abends gibt entspricht vielleicht nicht deutschen Standards, ich habe jedoch auch dadurch die Chance richtig in das myanmarische und thailändische Leben einzutauchen. Auch die freitags getragene traditionelle myanmarische Schuluniform (Bild 2) und die traditionelle Gesichtsbemalung Thanaka (Profilbild)
tragen zu diesem Gefühl bei.
Von Dienstag bis Donnerstag ist der Arbeitstag daher 12, bzw. 13 Stunden lang, die restlichen Tage kommen wir um halb fünf heim. Sonntags unterrichte ich meist zusätzlich junge Erwachsene aus unserer Siedlung in Englisch und in den Ferien bieten wir ein Ferienprogramm für die älteren Schüler an. Die Arbeit in diesem Projekt ist aus daher auf Grund der langen Arbeitszeiten und der Verantwortungen im Unterricht durchaus fordernd, ich bin jedoch sehr dankbar für alle
Erfahrungen und Begegnungen die ich hier machen darf.
Sofie im Dezember 2016