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Camp Riverdale mit Grade 3

Das Ende naht

Lange ist es her, dass ein Report von mir kam, aber seitdem ist viel passiert. In den vergangenen sieben Monaten habe ich gelernt, dass Mamas Essen doch das Beste ist, dass eine rote Ampel kein Zeichen ist, um stehen zu bleiben, dass ein blutender Hinterkopf keine ärztliche Versorgung benötigt und dass Bildung nicht als selbstverständlich angesehen werden darf.

Ich bin super glücklich, meinen Freundeskreis weltweit erweitert zu haben. Aufgrund der internationalen WG habe ich Freunde auf der ganzen Welt gefunden. Es ist total interessant, mit Menschen aus 6 verschiedenen Nationen an einem Tisch zu sitzen, länderspezifisches Essen zu probieren, sowohl über Kultur und Politik als auch über die alltäglichen Hürden in dem jeweiligen Land zu reden und zu diskutieren. Die ein oder andere Konversation hat mir definitiv schon meine Augen geöffnet. Des weiteren schätze ich mich als sehr glücklich, in das Maristennetzwerk im November 2017 aufgenommen worden zu sein, obwohl ich auf keine maristische Schule ging. Durch CMI Deutschland habe ich nicht nur Menschen aus aller Welt kennen lernen dürfen, sondern habe auch Freundschaften in Mindelheim und Umgebung geknüpft.

In meiner WG sind jedoch weder alle mit den maristischen Werten vertraut, noch arbeite ich an einer maristischen Schule und auch die Brüder sehe ich nur einmal im Monat. So bin ich mit Sicherheit einer der Volontäre, die weniger direkten und persönlichen Kontakt mit dem maristischen Netzwerk hat, jedoch sind sowohl die Brüder als auch das CMI–Team in Deutschland stets zu jeder Zeit für mich da.

Das sogenannte ‚Load shedding’ ist hier momentan ein großes Thema. So haben Stadtteile zu unterschiedlichsten Zeiten keine Elektrizität, d.h kein warmes Wasser, kein WLAN und keinen kühlenden Kühlschrank. Inzwischen sind wir es schon gewohnt, bei Kerzenschein Abend zu essen. Ich erinnere mich noch genau daran,  als ich abends vom Gym nach Hause fuhr und die Straßen komplett dunkel waren. Es schimmerte kein einziges Licht aus den umliegenden Häusern auf die Straße, weder beleuchtete Werbeplakate spendeten Licht, noch regelten Ampeln den Straßenverkehr… und das in einer Millionenmetropole.

Mit den Kindern habe ich total viel Freude und ich darf inzwischen immer mehr meine eigenen Ideen einbringen. So ist der iPad- und auch der Leseunterricht nun vollkommen in den Händen von Honi (Volontärin aus Brasilien) und mir. Ich kann mit den einzelnen Klassen Sportspiele spielen und ich darf meinen eigenen Bastelunterricht halten. Es ist eine neue Erfahrung, nicht nur hinten in den Klassen dabei zu sein und den Lehrerinnen zu assistieren, sondern selbst vor 25 Schülerinnen und Schülern zu stehen. Natürlich ist es eine Herausforderung, die Kinder im Griff zu haben und nach der Stunde etwas vorzeigen zu können, was wir geschafft haben, aber ich bin super glücklich meine Wünsche umsetzen zu dürfen.

Auch erfahre ich persönliche Tatsachen, dass beispielsweise einige Kinder Waisen sind. Zwar wurde ich auf solche Informationen vorbereitet, aber nun habe ich die Kinder kennengelernt und in mein Herz geschlossen,  und somit ist solch eine Nachricht noch 100mal schlimmer.

Des Weiteren verlangt jeder Schultyp in Südafrika einen hohen Beitrag an Schulgebühren, welche sich schlichtweg nicht jede Familie leisten kann. So musste ich auch miterleben, dass eine Schülerin von der letztjährigen Grade 3 nun zu Hause sitzt und ihre Schulkarriere erstmal ein Ende genommen hat, da die Familie die verlangten Gebühren nicht aufbringen kann.

Die wohl schrecklichste Story, die ich bisher gehört habe, ist, dass zwei Brüder, welche in Grade 2 und 3 gehen, von ihrem Stiefvater als Kleinkinder vergewaltigt wurden und ihre Mutter HIV-positiv ist. Als ich das hörte, konnte ich meinen Ohren nicht trauen. Die zwei Jungs sind total heiter und lebensfroh. Wüsste ich den Hintergrund der beiden nicht, würde ich niemals ahnen, dass sie in ihrem jungen Leben schon so viel Leid ertragen mussten.

Trotz der ganzen erschreckenden Erzählungen, ist es eine Kunst, sich nicht selber damit zu belasten und sich das Ganze nicht zu nah gehen zu lassen, sondern sich auf die vielen schönen  und freudebringenden Momente zu fokussieren.

Ich habe prägende Erfahrungen gesammelt, habe eine andere Sichtweise auf verschiedene Situationen bekommen und werde mit Sicherheit noch lang von meinen 9 Monaten in Südafrika in verschiedenen Gesprächssituationen erzählen. Da keine einzige Person in meinem gewohntem sozialen Umfeld ähnliche Auslandserfahrungen wie ich gesammelt hat und solche Erfahrungen mit mir teilen kann, ist es mit Sicherheit für sie schwer, sich in meine Situation hineinzuversetzen. Nichtsdestotrotz hoffe ich sehr, dass Bekannte, Verwandte und Freunde Einfühlsamkeit, Interesse und Verständnis für mein gereiftes Ich zeigen.

Camp Riverdale mit Grade 3

 

Celine im März 2019