Hallo zusammen! Seit meinem letzten Bericht durfte ich viele neue Erfahrungen machen.
Nach dem Umzug in ein eigenes Häuschen hat sich vieles verändert. Ich habe mich schnell an die einfachere Lebensweise gewöhnt und vor allem die neuen Freiheiten genossen. Die größte Umstellung war für mich, ohne fließend Wasser auszukommen. Zum Glück ist die Wasserstelle nur ein paar hundert Meter von unserem Haus entfernt. Damit haben wir im abgeschirmten St. Charles Campus nur die Light Version der Trockenzeit abbekommen. Während wir hier mit unserer privaten Wasserversorgung fast nie wirklich Mangel hatten, ging dem ganzen Distrikt Balaka langsam das Wasser aus. Da habe ich richtig verstanden, wie kostbar jeder Tropfen Wasser ist. Und was für eine Erleichterung es war, als dann endlich der Regen einsetzte! Jetzt hat das Wasserschleppen (größtenteils) ein Ende und wir haben inzwischen zumindest halbtags fließend Wasser und fast immer Strom.
Noch schöner und beeindruckender war es, wie sich Dank der Regenzeit auch die Landschaft innerhalb weniger Wochen komplett verändert hat. Im Sommer wuchs in ganz Balaka ohne künstliche Bewässerung kein Grashalm, nur ein paar traurige Büsche und vertrocknete Bäume. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass auf dem harten, staubigen Boden jemals mehr entstehen sollte. Aber sobald der erste Regen kam, verwandelte sich das Land in eine grüne, fruchtbare Oase, und ich habe mich endgültig in die Natur Balakas verliebt.
Und mir wurde gezeigt, welchen Einfluss auf diese Natur haben kann. Mangels öffentlicher Müllentsorgung landet alles, was ich hier wegschmeiße, in einer Grube hinter dem Haus. Wo auch schon der ganze Müll meiner Vormieter gelandet ist. Beim Gartenumgraben findet man jetzt alles – von kaputten Schuhen bis zu alten Batterien. Plötzlich so direkt mit den Folgen meines Konsumverhaltens konfrontiert zu werden war schockierend, aber hat mich auch dazu gebracht, weniger und bewusster Müll zu produzieren.
Gleiches gilt für die Holzkohle, die wir jeden Tag zum Kochen verwenden. Es ist eine Sache, wie ich vor meiner Zeit in Malawi, ungefähr zu wissen, dass Kohle irgendwie schlecht ist. Es ist etwas ganz anderes, beim Wandern die kahlen Felsen zu sehen, die übrig blieben, nachdem der halbe Bergwald für Kohle abgeholzt wurde.
Umweltzerstörung in diesem Ausmaß zu sehen, macht einen erstmal ziemlich hoffnungslos. Was könnte ich als Einzelperson schon wirklich verändern? Antwort: Viel. Wie meine Nachbarn, die inzwischen zu guten Freunden geworden sind. Die beiden haben jetzt im Buschland um Balaka eine Wiederaufforstungsprojekt gestartet. Wo vor einem Jahr noch alles abgeholzt und verödet war, ist heute ein kleiner Jungwald mit Bildungszentrum entstanden. Dank zweier Menschen, die vor Jahren zufällig in Malawi gelandet sind. Das hat mich unglaublich inspiriert und mir gezeigt, was zu schaffen ist, wenn wir es nur anpacken.
Neben diesen beiden gibt es in Balaka noch mehr Menschen, die sich dazu entschlossen haben, nach Malawi zu gehen, um dort zu helfen. Der Austausch mit Leuten, die aus ähnlichen Kulturen kommen wie ich, aber hier schon seit Jahren leben und die Entwicklungen verfolgen, hat mir sehr viel gebracht und mich auch sehr in meiner Zukunftsplanung inspiriert. Außerdem hat mich auch eine Freundin aus Deutschland für einige Zeit besucht. Ich fand es sehr schön, meinen Alltag hier mit ihr zu teilen, und uns offen über unsere Eindrücke austauschen zu können.
Gemeinsam haben wir auch einige Ausflüge gemacht und unter anderem die weiteren Marist Communities in Malawi besucht. Neben der in Balaka gibt es noch vier weitere von Maristenbrüdern geführte Secondary Schools, ein Formationshaus für zukünftige Maristenbrüder, und die Administration und Lodge „L’Hermitage“ in der Hauptstadt Lilongwe. Die Communities stehen untereinander in engem Kontakt und die Brüder freuen sich immer über BesucherInnen. In jedem Brüderhaus sind wir mit „Fühlt euch hier wie zu Hause, das hier ist euer Zuhause“ begrüßt worden. Ich bin sehr dankbar, so herzlich und selbstverständlich in die maristische Familie aufgenommen worden zu sein.
Spätestens dann werde ich mich auch mit meiner konkreten Zukunftsplanung auseinandersetzen. Ich hatte immer mal wieder mit dem Gedanken gespielt, Lehrerin zu werden. Meine Zeit hier als Lehrerin macht mir (abgesehen von der ganzen Korrigiererei) auch unglaublich viel Spaß. Ich liebe meine SchülerInnen und es ist erfüllend, Zeit mit ihnen zu verbringen und gemeinsam zu lernen. Ich habe aber auch die unschönen Seiten des Lehrerberufs gesehen. Zum Beispiel sich an den Lehrplan halten zu müssen, auch wenn die zu vermittelnden Inhalte gefühlt mehr nach Prüfbarkeit, nicht nach Relevanz ausgesucht werden. Viele Schulkinder können sich auch nicht das ganze Jahr über Schulgeld leisten oder haben wegen Arbeit und Familie keine Zeit mehr für die Schule, weswegen viele Schülerinnen und Schüler mitten im Jahr wechseln müssen oder ganz zuhause bleiben. Frustrierend ist es auch, dass ich es nicht schaffe, jedes meiner 140 Kinder zu erreichen und speziell zu fördern, besonders diejenigen, die nicht zum Extraunterricht kommen können. Da habe ich mich schon gefragt: „Könnte ich das mein ganzes Leben lang machen?“ Und dann denke ich an die vielen schönen Momente im Unterricht und frage mich: „Könnte ich das mein ganzes Leben lang nicht machen?“
Viele Dinge, die ich hier erlebt habe, muss ich erst noch verarbeiten und einordnen, viel davon wird vermutlich auch erst in Deutschland passieren, wenn ich meine Erfahrungen mit mehr Abstand betrachten und mich mit den anderen rückkehrenden Freiwilligen austauschen kann. Jetzt genieße ich aber zuerst noch meine letzte Zeit im „warmen Herzen Afrikas“, bevor es zürück geht in’s kalte, graue Deutschland. 😊
Katharina